Bevor die galoppierende Demenz zuschlägt und
mich, mangels eigener Memorierung, dazu zwingt, auf Second Hand-Kritiken und
IMDB-Kurzinfos zurückzugreifen (noch mehr, als ich’s sowieso schon immer tu),
schnell schnell das /slash 2015 Revue passieren lassen!
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Vorzüglicher Vorhang des Gartenbaukinos bei der /slash 2015-Eröffnung (und huscht da gar Donald Trump vorbei?!) |
Aufgrund der Verlockung eines (verhältnismäßig)
preisgünstigen 10er-Blocks, kombiniert mit dem Mangel an verfügbarem/willigem
Begleitpersonal, habe ich mich letzten Herbst wieder zur Sichtung einer ganzen
Reihe an leinwanderhellenden (manche würden eher zum Adjektiv
„seelenverdunkelnden“ greifen) Stücken zeitgenössischen Filmschaffens im
Horrorbereich hinreißen lassen. Dass mich dabei nicht alles auch (metaphorisch
oder wörtlich) vom Sessel gerissen hat – trotz der dem Gluteus Maximus
dauerhaft wirklich nicht schmeichelnden Sitzgelegenheitsbepolsterung des
Filmcasinos habe ich wacker ausgeharrt! –, ist dabei ebenso Part of the Game wie die eine oder
andere positive Überraschung. Das Ganze jetzt in Klarschrift? Bitte schön:
The Invitation (2015)
Mit dem Eröffnungsfilm wurde die Messlatte für das restliche
Festival gleich mal recht hoch gelegt. Regisseurin Karyn Kusama hat sich
offenbar Hitchcocks „There is no terror in the bang, only in the anticipation
of it“ sehr zu Herzen genommen. Sehr viel mehr sei aus Spannungsgründen gar
nicht verraten, nur für die eher ungeduldigen Blutgierigen das Folgende: sitzen
bleiben zahlt sich aus. Liebhaber_innen von sich langsam hochzwirbelnden
Spannungsspiralen und Psychokammerspielen werden sich hier ohnehin von Anfang
bis Ende an den Sessellehnen festkrallen.
8 von 10 abgerupfte Blütenblätter im schicken, gepflegten
Vorstadtgarten: er ist nur paranoid, er hat Recht, er ist nur paranoid, er hat
Recht, …
Wer Illustrationen für die Lebensrealität junger Frauen
zwischen Essstörung und verzerrten Körperbildern sucht, schlage das nächstbeste
Modemagazin auf. Mit derartigen Oberflächlichkeiten hält sich dieses, sich im
gleichen Themenkreis bewegende, Psychogramm nämlich nicht auf und geht
stattdessen ganz tief unter die Haut. Was kommt raus, wenn Body Horror mit Food
Porn kombiniert wird? Richtig, eine ziemliche Sauerei und davon gibt’s hier
reichlich. Obwohl bei dem Film im Vorfeld vor allem die Grauslichkeit
hervorgehoben wurde, muss ich (als anerkannte Saumageninhaberin) sagen, dass
ich eher Probleme hatte, mich auf die schrille Erzählart einzulassen, die mir
einiges an Eingewöhnung abverlangt hat. Alles in allem ein recht schwer
zugänglicher, sperriger aber keineswegs uninteressanter Film. Für den gemütlichen
Filmabend mit Fressgelage auf der Couch allerdings nur bedingt empfehlenswert.
6 von 10 „ich werde Instant-Nudeln nie wieder mit den
gleichen Augen sehen“-Punkte
Der Film, der mich beim letzten /slash am positivsten
überrascht (obwohl ich nicht weiß, ob diese Ausdrucksweise in dem Fall
angebracht ist), auf jeden Fall nachhaltig beeindruckt hat. Die im
zeitgenössischen Mexiko angesiedelte Geschichte von der Truppe feierlustiger
Frauen, die einen Mann entführen und foltern, ist vor allem kinematografisch
weit davon weg, perfekt zu sein – angefangen bei den Dialogen, die mangels
Nachsynchronisierung teilweise untertitelt und andernorts etwas holprig
improvisiert wurden. Der niedrige Production Value gibt der Handlung aber auch
ein Stück weit Authentizität und diese lässt wiederum den Film seine banale
Brutalität so beiläufig entfalten, dass, bevor man/frau sich versieht, die,
auch durch die langen Einstellungen und die statisch-voyeuristische Kamera
begünstigte, komplizenhafte Einbindung des Publikums längst vollzogen wurde.
Ein den eigenen moralischen Kompass ganz schön zum Rotieren bringendes Stück
Kino in jedem Fall, das mir gerade deshalb gefallen hat, weil ich mir darin am
Ende so gar nicht gefallen habe. Und so eine Verrückung der eigenen Perspektive
kann ab und zu schon recht fruchtbar und sinnvoll sein.
7 von 10 „ein wenig mehr Geld, dann wär’s schon fast
Haneke“-Punkte
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Q&A mit Darstellerin Flor Edwarda Gurrola nach I Stay With You
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Tja, wieder mal einer von den Filmen, die ich eigentlich gut
finden hätte sollen/wollen. Abgelegener Landsitz, umgeben von schaurigem Gehölz,
garniert mit allerlei Gruselgestalten aus dem Sagenschatz/Märchenbuch. Ich bin
voll dabei! Dachte ich zuerst. Die Ernüchterung folgte dann natürlich auf dem
Klumpfuß: zu viel mittelmäßiges CGI für meinen Geschmack und einige zwar ganz
nette von Hand animierte Figuren, die aber im grundsätzlich viel zu dunkel
gehaltenen Film nie richtig zur Geltung kamen. Dazu noch Figuren, die wenig zur
Empathie einluden und eine alles andere als Innovation und Frische versprühende
Story („Daddy im aufopferungsvollen Einsatz für die Familie, während Mommy
hauptsächlich kreischt“ ist ein wenig zu letztes Jahrtausend für meine
Begriffe). Wieder mal ein gutes Beispiel dafür, dass es von der hoffnungsvollen
Prämisse zur überzeugenden Umsetzung halt doch ein weiter Weg ist – in diesem
Fall mit viel Wurzelwerk und Stolpersteinen.
5 von 10 bittersüß angestimmte „ich hab dich lieb im Prinzip
…“-Schlussmachballaden
Hiervon kann ich nur Gutes berichten. Hätte ich sagen
können, wenn ich ca. nach der ersten halben Stunde fluchtartig das Kino
verlassen hätte müssen (weil ich beispielsweise vergessen hatte, den Backofen
auszuschalten – alles so, oder zumindest so ähnlich, schon passiert). Die
Geschichte mit der Babysitterin des Vertrauens, die sich – richtig geraten! –
nach und nach in die Babysitterin des Grauens verwandelt, hebt nämlich echt
nicht schlecht an. Als Home Invasion Variante vom Grundgerüst her solide
aufgebaut, Verunsicherung und Spannung langsam steigernd und durchwegs solide
von der Darsteller_innenriege verkörpert (allen voran jener der titelspendenden
Protagonistin), ist der Film in der ersten Hälfte auch stimmungsvoll
inszeniert, wird dann aber zunehmend unlogisch und gipfelt schlussendlich in
einem derart haarsträubenden Finale, dass sich einer schon fast die Frage
stellt, ob das jetzt noch der gleiche Film wie am Anfang ist, oder ob nicht
irgendwo mittig falsch zusammengepickt wurde (geht gar nicht weil digital,
ätsch). Schad drum.
4 von 10 Leider (doch) nicht gewonnen-Los-Nieten
Eines vorweg: ich bin von Haus aus kein Fan von Eli Roth,
das gebe ich zu. Dementsprechend ist meine Euphorie gegenüber dem /slash
Überraschungsfilm auch in dem Moment in den Keller gerasselt, als ich erfahren
habe, welchen und wessen Film ich nun auf die Sinnesorgane geklatscht kriegen
würde. Meine Erwartungshaltung auf das Niveau meiner Vorfreude
runtergedrosselt, hab ich trotzdem versucht, halbwegs unvoreingenommen an die
Sache ranzugehen. Die als Dekonstruktion biedermeierlicher Gutbürgerkultur
getarnte, in Wirklichkeit nicht mal halblustige und schon gar nicht spannende,
Publikumsverarschung rund um den sündenfälligen Familienvater und seine
Foltermägde hat mich dennoch enttäuscht – nein, weniger enttäuscht als
verärgert. Ich weiß nicht genau, wen diese Satire jetzt genau beißen soll – die
Reichen/Schönen/Gelangweilten, die in Scheinmoral lebenden Fremdgänger? – ich
weiß nur, dass sie mir persönlich total am Allerheiligsten (d.h. am Gehirn, of
course!) vorbeigegangen ist und die einzige Emotion, die ich bei der Sichtung
empfunden habe, war der Schmerz beim Anblick von Keanu Reeves, wie er sich
versteinert (in Fassungslosigkeit? Resignation? Apathie?) durch das Drehbuch
windet und ganz bestimmt die schlechteste darstellerische Leistung seiner, in
den letzten Jahren ohnehin nicht gerade ruhmreichen, Karriere liefert. Auch
schon wurscht eigentlich, wenn man sich den Rest anschaut. Was mich fast noch
ratloser zurücklässt, als der Film selbst, sind die vereinzelt wirklich guten
Kritiken, die selbiger (bei uns ja mittlerweile schon regulär im Kino
gestartet) erhalten hat. Da komm ich dann schon mal kurz ins Grübeln und frag
mich für einen Moment, ob ich den Film und seine in Wirklichkeit eh voll
intelligente Botschaft nur einfach nicht verstanden hab … Der Moment ist
schnell vorbei, weil selbstverständlich ist meine Meinung die alleingültige,
unanfechtbar richtige!
2 von 10 ausschließlich der Leistung der barbusigen
Hauptdarstellerinnen gewidmete (und damit möglicherweise ein wenig auch meiner
Libido geschuldete) Pünktchen – call me horny, if you want!
So, und weil beim letzten Film ein wenig die Rösser mit mir
durchgegangen sind, und auch wenn’s unfair ist, dass die schlimmen Kinder immer
die meiste Aufmerksamkeit kriegen, jetzt hier mein Urteil kurz und knapp: anschauen!
Selbst wenn Baskin im letzten Drittel
etwas nachlässt, die atmosphärische Dichte, die er gleich von Anfang an
entwickelt, das ständige Angstgefühl und nicht zuletzt die phantasmagorischen
Schrecken, die hier auf eine/n einprasseln, sind den Abstieg in Can Evrenols
kranke Phantasie allemal wert. Schon länger keinen Horrorfilm mehr gesehen, der
mich so unmittelbar ins Geschehen reingezogen und fast bist zuletzt gefangen
gehalten hat.
8 von 10 türkische Kaffees – tiefschwarz, mit
treibsandartigem Bodensatz und garantiert Herzrasen verursachend
Schon wieder Zeit für einen Disclaimer: Ich mag keine
Horror-Spoofs. Wobei die Generalisierung zu weit geht, weil grundsätzlich mag
ich Parodien und alle Arten satirisch-ironischer Topoi-Aufarbeitung schon
gerne, solange sie sich nicht selbst zu ernst nehmen und postmoderne
Pseudo-Überlegenheit demonstrieren möchten. Darum konnte ich nie etwas mit
Scream anfangen, mag dafür aber manche
Scary Movie-Teile ganz gerne (sofern
Anna Faris dabei ist) – okay, vielleicht ist mein Geschmack ja doch nicht immer
so unfehlbar. Anyway. Ich hab halt manchmal ein Problem damit, mit der Nase auf
etwas gestoßen zu werden, was mir, als meistens genau Hinschauende, auch selbst
schon aufgefallen ist und kann mich dann nur mäßig darüber amüsieren, wenn eben
das durch den Kakao gezogen bzw. nostalgisch persifliert wird. Das gesagt, ist
The Final Girls sicher kein schlechter
Film – so uramerikanisch in seiner Machart und Absicht wie das Subgenre, dessen
er sich annimmt, und auf jeden Fall popcornverträgliche Unterhaltung,
die trotzdem den Verstand nicht beleidigt. Aber ich persönlich hab ihn einfach
weder recht witzig noch sonderlich geistreich gefunden. Mea culpa und very
sorry!
6 von 10 Hockeymasken-Macheten-Axt-Kettensägen-Fleischermesser-und
was das Slasherherz halt sonst noch so begehrt-Punkte
Noch so ein Kandidat für die Kategorie „gutes Grundkonzept,
katastrophale Umsetzung“ und der Film, der mich gezwungen hat, meine Meinung,
dass die Australier grundsätzlich den besten Tier-Horror machen (kein Wunder
bei der Dichte an giftigem/gefährlichem Vieh Down Under), wieder etwas zu
relativieren. Besonders ärgerlich hier: durch die den halben Film andauernden,
lautstark geäußerten Diffamierungen des Trüppchens direkt hinter mir, wurde
regelrecht mein Beschützerinstinkt erweckt und ich habe mich zwischendurch
immer wieder dabei ertappt, wie ich The
Pack insgeheim verteidigen wollte. „So mies ist er auch nicht – okay, das
Verhalten der Hunde und der Menschen ist total unlogisch, die Dialoge sind
blöd, die Handlung ist hanebüchen, aber ähm … die Landschaft ist ja ganz
schön!“ Auch das kann Kino.
3 von 10 Tollwutköder-Wurmkuren (inklusive eines halben
Extrapunktes für Lassies Rückkehr – der feige Hund!)
Wie es halt oft so ist bei Anthologien aller Art, die
Qualität der einzelnen Beiträge variiert auch hier. Der gemeinsame Nenner, das
Lieblingsfest schauerlustiger Amerikaner_innen, ist der rote Faden, der sich
durch’s bunt-blutige Geschehen zieht. Insgesamt fehlt den, von als eher
beliebig bis recht ansprechend zu bezeichnenden, Episoden aber ein wenig der Zusammenhalt
und sowohl was die Grundstimmung als auch die ikonografischen Qualitäten der
vorkommenden Figuren angeht, ist Michael Doughertys
Trick ‘r Treat eindeutig besser. Trotzdem eine gute Möglichkeit,
sich in Festtagsstimmung zu versetzen und sich seelisch auf die verschiedensten
Spielarten von „Süßes, sonst gibt’s Saures!“ vorzubereiten.
6 von 10 Süßigkeiten-Fressorgien – teilen nicht vergessen!
So, das war er nun, mein /slash 2015-Marathon. Besonders
stolz bin ich darauf, dass ich die bisher größte bei mir gemessene Dichte an
Gedankenstrichen und Ausrufezeichen erreicht und noch dazu ein neues Wort
etabliert habe („Memorierung“, ist dir gar net aufgfoin, goi?) – alles andere
ist sowieso nur Tand und Eitelkeit.